Lebensmitte – Wenn Altes nicht mehr passt und Neues noch fehlt

Ein einziger Moment – eine Kündigung, eine Trennung, eine Diagnose – und plötzlich steht das ganze Leben Kopf. Menschen zwischen 40 und Mitte 50 erleben oft genau das: eine ungewollte Vollbremsung mitten auf ihrem gewohnten Weg. Renate Lorenz, Coach für Entwicklung und Wachstum, begleitet Menschen in der Lebensmitte. Ein Interview.

Renate, warum ist die Lebensmitte ein besonderer Übergang im Leben?
Gesellschaftlich gesehen stehen wir am Höhepunkt unseres Lebens: Wir haben definiert, wer wir sind, was wir wollen, und vieles erreicht. Doch dann folgt oft ein Bruch. Berufliche Veränderungen, private Umbrüche oder gesundheitliche Herausforderungen zwingen uns, innezuhalten. Plötzlich wird uns bewusst: Das Leben ist endlich. Statt uns auf dem Gipfel zu fühlen, rutschen wir in eine Sinnkrise. «War das alles?» fragen sich viele. Doch genau hier liegt die Chance. Die Orientierung verlagert sich von äußeren Erfolgen hin zur Beziehung zu sich selbst. Es ist der Moment, um das eigene Leben bewusst neu auszurichten – und nicht nur weiterzumachen wie bisher.

«Eine Krise ist oft ein Zeichen dafür, 
dass eine Kurskorrektur
notwendig ist.»

Das klingt nach einer tiefgehenden Veränderung!
Ja, das ist es für viele. Wer durch äußere Ereignisse wie den Auszug der Kinder, den Verlust des Jobs, eine Trennung oder gesundheitliche Herausforderungen aus der Komfortzone geworfen wird, für den bricht das bisherige Leben ziemlich zusammen. Plötzlich fehlen vertraute Strukturen. Das bisherige Leben fühlt sich nicht mehr stimmig an. Das kann verunsichern. Andere hingegen spüren eher einen inneren Wandel: Sie merken, dass sie an ihre körperlichen, mentalen oder emotionalen Grenzen stoßen, nehmen sich mehr Zeit für sich selbst und beginnen, ihre eigenen Bedürfnisse bewusster wahrzunehmen. In beiden Fällen steht die Frage im Raum: «Wie möchte ich mein Leben weitergestalten?»

Dann geht es in der Lebensmitte um eine Neudefinition der eigenen Identität?
Genau! Oft definieren wir uns über unseren Beruf, unsere Leistungen, eine Beziehung, die Familie oder unser Umfeld. Doch was passiert, wenn diese gewohnten Bezugspunkte sich verändern? Wer sind wir, wenn die Kinder ausziehen, wenn wir den Job wechseln oder wenn sich unsere Prioritäten verschieben?

Die Lebensmitte ist eine Zeit des Umbruchs – aber auch eine Zeit der Ernte. Es geht darum, sich bewusst zu machen, was wirklich zählt, welche Werte und Facetten der eigenen Persönlichkeit nun in den Vordergrund treten dürfen. Anstatt nur weiterzumachen, bietet sich die Chance, bewusster auf die eigene innere Stimme zu hören, ihr Raum zu geben und mit Gelassenheit die nächste Lebensphase zu gestalten.

Erleben Männer und Frauen diesen Übergang unterschiedlich?
Ich denke, Frauen reflektieren ihre Situation oft intensiver und haben meist einen direkteren Zugang zu ihren Gefühlen. Sie hinterfragen sich eher und sind häufig offener für Veränderung. Sie suchen sich schneller Unterstützung, wenn sie spüren, dass sie allein nicht weiterkommen.

Männer hingegen versuchen oft, Dinge mit sich selbst auszumachen, anstatt darüber zu sprechen. Sie neigen dazu, sich stärker in Arbeit, Aktivität oder Konsum zu stürzen, um sich abzulenken. Bei ihnen kommt es in der Folge eher zum körperlichen Zusammenbruch, zu Burnouts, Jobverlust oder Trennung. Ich glaube, bei Männern muss viel mehr passieren, bis sie sich Hilfe suchen. Es fällt ihnen oft schwerer, über ihre Gefühle zu sprechen und sich Unterstützung zu holen.

In unserer leistungsorientierten Gesellschaft sind wir alle gefordert, innezuhalten und bewusst zu reflektieren, was wirklich wichtig ist, anstatt einfach weiterzumachen.

«Wenn wir die Leere zulassen
und ihr Raum geben,
kann etwas Neues entstehen.»

Was rätst du Menschen, die sich in diesem Übergang befinden?
Die Lebensmitte ist eine Phase, in der häufig Leere entsteht. Das Alte funktioniert nicht mehr, das Neue ist noch nicht da. Viele fühlen sich allein und unverstanden in dieser Zeit. Weil dies beängstigen kann, bleiben manche Menschen im Alten hängen und fühlen sich als Opfer, oder reden sich den Zustand schön. Andere füllen die Leere mit Aktivitäten, Süchten oder anderen Ausweichstrategien. Doch genau hier liegt die Chance: Wenn wir die Leere zulassen, durch die Angst hindurch gehen und die Unwissenheit akzeptieren, kann etwas Neues entstehen.

Wichtig ist, sich Raum zu nehmen, die eigene Stimme wiederzufinden und – wenn nötig – professionelle Begleitung in Anspruch zu nehmen. Ein Coaching kann helfen, Klarheit zu gewinnen und den Mut zu finden, neue Wege zu gehen.

Wie unterstützt du Menschen in deinem Coaching?
Jede Situation ist individuell, daher beginnt mein Coaching mit einer Bestandsaufnahme: Welche Lebensbereiche sind betroffen? Was hat sich verändert? Was zeichnet sich ab? Dann arbeiten wir gemeinsam an Lösungen.

Ein zentraler Punkt sind oft alte Prägungen und Glaubenssätze, die in der Lebensmitte plötzlich hochkommen: «Ich muss funktionieren.» «Ich darf nicht egoistisch sein.» Diese Muster bewusst zu hinterfragen, ist essenziell. Denn oft halten sie uns zurück, obwohl wir längst bereit sind für den nächsten Schritt. Ziel ist, nicht nur eine Richtung zu finden, sondern mit Klarheit und Selbstbewusstsein neue Entscheidungen zu treffen.

Wie gelingt es, neue Perspektiven zu entwickeln?
Zunächst geht es darum, das bisherige Leben wertzuschätzen und anzuerkennen, was bereits erreicht wurde. Gleichzeitig ist es wichtig, eigene Wünsche und Bedürfnisse bewusst wahrzunehmen: Wann fühle ich mich erfüllt? Wann überschreite ich meine Grenzen? Wo lebe ich noch nach alten Mustern, die mir nicht mehr guttun? Wo versuche ich, die Ansprüche anderer zu erfüllen?

Eine Krise ist oft ein Zeichen dafür, dass eine Kurskorrektur notwendig ist. Sie lädt uns ein, bewusster zu entscheiden, was wir in unserem Leben noch verwirklichen möchten. Wer sich diesen Fragen stellt, findet Klarheit und kann mit neuer Energie seinen Weg weitergehen.

Wie verändert sich das Selbstbild in dieser Phase?
Ich erlebe im Coaching häufig, dass viele Menschen sich gar nicht bewusst sind, was sie im Leben bereits gemeistert haben. In einer Krise neigen wir dazu, an uns zu zweifeln und kämpfen gegen das Gefühl an, nicht gut genug zu sein und versagt zu haben. Wir übersehen unsere eigenen Stärken. Doch gerade dann ist es wichtig, sich auf die eigenen Ressourcen zu besinnen.

Im Coaching erleben viele, dass sie viel mehr in sich tragen, als sie zunächst dachten. Wenn sie beginnen, ihren Fokus auf das zu richten, was sie bereits gemeistert haben, und auf das, was da ist, gewinnen sie neue Energie und Zuversicht. Sie fühlen sich selbstbewusster und handeln wieder aus ihrer eigenen Kraft heraus.

«Oft halten uns alte Glaubenssätze zurück
– selbst wenn wir längst bereit
für den nächsten Schritt sind.»

Was begeistert dich an deiner Arbeit als Coach?
Menschen in der Lebensmitte zu begleiten, ist für mich wie Gärtnern: Jede Pflanze hat eigene Ansprüche, um zu wachsen und zu blühen. Manchmal scheint sie lange stillzustehen. Doch plötzlich öffnet sich eine Knospe, und alles verändert sich. Es bewegt mich zutiefst, wenn Klientinnen und Klienten nach einer Phase der Unsicherheit plötzlich Klarheit finden und sich neuen Möglichkeiten öffnen. Wenn sie erkennen, was ihnen wirklich wichtig ist, und den Mut aufbringen, ihrem eigenen Weg zu folgen. Denn eines ist sicher: Die Lebensmitte ist kein Endpunkt, sondern ein neuer Anfang.

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